Mein Vater war Waffenexperte und wir Deutsche sind weltweit die Nummer drei der Rüstungsindustrie. Wenn ich abends den Streamingdienst aktiviere, sind zwei Drittel der Filme waffenstarrende Gemetzel. Wer sich da nicht als geprägt empfindet, verdrängt die Realität. Wir reden doch permanent über die Schlüsselindustrien Deutschlands, die Automobil- und Chemieindustrie aber auch Hightech-Marken sind in aller Munde – bei mir zu Hause wurde eben auch über KraussMaffei, Walther, Dornier und Heckler & Koch heftig diskutiert. Das Ignorieren dieser Rüstungsumsatzriesen bedeutet leider nicht, dass man persönlich nichts damit zu tun hat. An diesem „Ist ja weit weg“ will ich rütteln, unsere kollektive und private Involvierung erfahrbar machen – und das bis ins Wohnzimmer hinein. Ich habe deshalb bei HLZ ein streitbares Objekt auf den Weg gebracht. Wir sind in diesem Fall bis an die Grenze gegangen und haben einen vergoldetes Modell eines nicht funktionsfähigen Schlagrings verschickt. Eine "heile Welt"- Irritation, wie ich finde, denn dieser Schlagring sah nur aus wie ein echter und hätte den willigen Schläger bei der Benutzung höchstens selbst verletzt. Jedenfalls erreichte dieses weihnachtliche Dekoelement samt Vergoldung und fest montierter schwedischer Plätzchenbackform aus dem Grossküchenregal den Adressaten zum Jahreswechsel.
"Ist das Kunst oder gibt das Knast?" schrieb BILD dazu...
Als Anhängsel fungierte im wahrsten Sinne des Wortes ein kleines Pamphlet mit folgendem Inhalt:
Schlagende Verbindung
Wir finden, daß es Zeit ist für eine durchschlagende Irritation an der Zuckerbäckerfront die selbstverliebt an Weihnachten alles mit dem süßlichen Guß der Glückseeligkeit glasiert.
Also fügen wir zwei Antagonisten zusammen die beide nichts anderes im Sinn haben, als für Ordnung zu sorgen. Die Ausstechform sorgt für das weihnachtliche Genuss-Corporate-Design mit der Brutalität eines formalen Standards, der Schlagring für Ordnung im Ring der muskelbepackten Bare-Nuckle-Fäustlinge.
Am Ende entsteht die schlagende Verbindung aus Zimsternidylle und Neujahrsheadbanging - natürlich stilvoll mit Goldauflage.
Hier meine Stellungnahme für die Gerichtsverhandlung, die in der dritten Instanz als Revision vor dem Oberlandesgericht mit einem Freispruch endete:
Warum entstehen Kunstobjekte wie die schlagende Verbindung, was ist der gesellschaftliche Ansatz der hinter diesen Konzeptkunstideen steht?
Da ist zuerst einmal die treibende Kraft der Moderne, die nach einer Phase in der Kunst als intentional, religiös oder zumindest zutiefst staatstragend erfahren wurde, andere Prioritäten setzte. Die Künstler vergangener traditioneller Epochen sind ikonografisch gesehen am besten interpretierbar wenn man ihre Lebenssituation genauer betrachtet. Waren Ihre Erzeugnisse nämlich jenseits einer handwerklichen Kunstfertigkeit angesiedelt, kam es sofort zu einer absolutistischen Instrumentalisierung, es wurden im Sinne der Burg, des Hofes, oder der Kirche Auftragsarbeiten geliefert. Das änderte sich rapide mit dem Aufkommen vernunftgesteuerter Theorien im Rahmen der Industrialisierung, die immer stärker die Rolle einer kritischen säkularisierten Öffentlichkeit und eine persönliche Handlungsfreiheit in den Fokus stellten. Viele Kunstrichtungen versuchten deshalb ab dem 19. Jahrhundert das Verrückte, das Surreale oder ganz profan das Alltägliche in Musik, Tanz, Bild und Objekt festzuhalten. Die etablierte, nunmehr ganz offensiv staatstragende Kunst, geriet parallel immer mehr zu einer verklärend-heroischen Idealisierung der bestehenden Verhältnisse die ihrerseits unweigerlich Anfang des 20. Jahunderts auf eine der größten Menschheitskatastrophen hintrieben, die des ersten und zweiten Weltkriegs und der damit verbunden Greueltaten.
Das führte in der Folge zu einer Auflösung traditioneller ästhetischer Kategorien und zu einer radikalen Umkehr des künstlerischen Ansatzes. Staatstragender Opportunismus hatte ja direkt in einen gesellschaftlichen Supergau geführt: Von nun an galt es den Finger in die Wunde immanenter gesellschaftlicher Probleme zu legen oder festgefahrene Strukturen durch einen extremen Individualismus, der das Genie im Gepäck trug, aufzubrechen. Es blieb freilich die Hyperästhetsierung als künstlerisches Prinzip bis heute erhalten. Diese mündete aber nicht selten in eine kommerzielle Dimension die man Gestaltung oder Design nennen könnte. Konzeptkunst, wie im Falle meiner Arbeiten, bewegt sich genau an dieser Schnittstelle beider Kunstwelten. Subtil und dennoch hochgradig intentional, versucht sie mit dem Mittel einer Hyperästhetisierung Probleme kommunizierbar zu machen ohne eine profane Absicht in den Vordergrund zu stellen, eher einen Diskurs auf Augenhöhe mit dem Betrachter ist ihr angelegen.
Bei meinem Projekt »Symbiosis« werden beispielsweise echte, unter Aufsicht der Vereinten Nationen demilitarisierte Waffen verwendet, aber eben nicht im Sinne einer Ästhetisierung dieser Tötungswerkzeuge, sondern um die Auflösung der ihnen innewohnenden technischer Perfektion und Zielgerichtetheit und damit um einen Affront für den Fetischisten den die perfektionistische Zerstörungskraft einer Waffe reizt. Es geht denn eher um ein Ästhetik des Verschwindens des Zerstörungspotentials.
Im Schlepptau dieser These holt sich zudem jeder der sich ein Symbiosisobjekt an die Wand hängt einen Diskurs um Kleinwaffen und die Involviertheit unserer einheimischen Rüstungsindustrie in die Konflikte der dritten Welt an die Wand. Beim NGO Projekt »Virtuelles Minenfeld« geraten die Abbildungen von Landminen zu einer Art Blumenwiese, die beim Beschreiten erst auf den zweiten Blick den Schrecken dieser perversen Waffen erkennen lässt. Das in unserem Land Teile für diese Sprengkörper produziert werden, wissen nur wenige, und laufen über diese Fläche als ästhetisches Muster. Vielen Afrikanern hingegen, von jeher mit diesen Objekten vertraut, erscheint dieser Boden als geradezu infernalische Installation, keiner würde einen Fuss darauf setzten.
Genau um diese Irritationen geht es mir, nur an diesen Schnittstellen kann ein produktiver, kritisch-demokratischer Diskurs entstehen der den Betrachter ohne einen didaktischen Zeigefinger zu recken, in ein Problem involviert, es braucht dann im Falle des »Virtuellen Minenfeldes« keine plakative Abbildung verstümmelter, zerfetzten Körper oder abgerissener Gliedmassen. Nimmt man die der »Schlagenden Verbindung« in die Hand, ist die Strategie verwandt. Hier geht es um unsere, scheinbar heile, erste Welt, die sich einerseits in altruistischer Hilfe ergeht, sich aber andererseits mit brachialer Gewalt der Schmierstoffe und Grundlagen einer westlichen Ökonomie in der dritten und vierten Welt mit durchschlagenden Erfolg bemächtigt. Das dabei eine, wie von Papst Franziskus propagiert, Gier nach Luxus und Bereicherung zum Tragen kommt, tut ein übriges dazu.
Insbesondere im Rahmen von Weihnachten, dem Archetyp des Festes der Liebe, gehört dieser Diskurs auf den Gabentisch der ersten Welt. Die »Schlagende Verbindung« ist und will nicht mehr sein als ein vergoldetes Knuckleduster-lookalike ohne jede Ergonomie, der diesen Diskurs subtil und produktiv auf den Tisch bringen will - und sei es beim Plätzchenbacken. Ein ausgelasertertes, vergoldetes Objekt, das allenfalls zum hinstellen und nachdenken taugt, und dem mit voller Absicht jede aggressive Attitüde zur Satire gerät. Jedes Küchenmesser, jede Teigrolle, jede Küchenschere und jeder Fleischklopfer wäre ein effektiveres weihnachtliches Verletzungstool als jene schwedische Plätzchenbackform, die eine Schneeflocke zitiert und in jedem Küchenshop erhältlich ist. Wenn es die »Schlagende Verbindung« schafft, die Gemüter zu erregen und eine produktiven pazifistischen Diskurs anzuregen, ist aus meiner Sicht ein kleiner Schritt in die richtige Richtung getan und eine moderne künstlerische Position auf den Punkt gebracht.
Striking connection
My father was a weapons expert and we Germans are the world's number three in the arms industry. When I activate the streaming service in the evening, two thirds of the films are weapons-guided carnage. If you don't feel that you've been influenced by it, you repress reality. We're always talking about Germany's key industries, the automotive and chemical industries, and even high-tech brands are on everyone's lips - in my home, there was a lot of discussion about KraussMaffei, Walther, Dornier and Heckler & Koch. Unfortunately, ignoring these defence sales giants does not mean that you personally have nothing to do with them. I want to shake up this "it's a long way off", make our collective and private involvement tangible - and I want to do this right into our living rooms. That's why I have launched a controversial object at HLZ. In this case we went to the limit and sent a gold-plated model of a non-functional brass knuckles. An "ideal world" irritation, in my opinion, because these brass knuckles only looked like real ones and would at most have injured the willing thug himself while using them. In any case, this Christmassy decorative element, complete with gilding and a firmly mounted Swedish cookie cutter from the canteen kitchen shelf, reached the addressee at the turn of the year.
"Is this art or is there jail?" BILD wrote...
A small pamphlet with the following content literally served as an appendage
Striking connection
We find that it is time for a resounding irritation on the confectioner's front that self-indulgently glazes everything with the sweet cast of bliss at Christmas.
So we put two antagonists together who both have nothing else in mind but to keep order. The cookie cutter provides the Christmassy treat corporate design with the brutality of a formal standard, the brass knuckles ensure order in the ring of muscle-packed bare-sucker mittens.
In the end, the striking combination of cinnamon star idyll and New Year's headbanging is created - naturally stylish with gold plating.
Here is my statement for the court hearing, which ended in the third instance as an appeal before the Higher Regional Court with an acquittal:
Why do art objects such as the beating connection emerge, what is the social approach behind these conceptual art ideas?
First of all, there is the driving force of modernism, which, after a phase in art experienced as intentional, religious or at least deeply state-supported, set other priorities. From an iconographic point of view, the artists of past traditional epochs are best interpreted when one takes a closer look at their life situation. For if their products were beyond the realm of craftsmanship, an absolutist instrumentalisation immediately ensued, and commissioned works were delivered in the spirit of the castle, the court, or the church. This changed rapidly with the emergence of rational theories in the context of industrialization, which increasingly focused on the role of a critical secularized public and personal freedom of action. From the 19th century onwards, many art movements therefore attempted to capture the crazy, the surreal, or quite profane the everyday in music, dance, images, and objects. The established, now quite offensively state-supported art, was parallel to an increasingly transfigured and heroic idealization of the existing conditions, which in turn inevitably led to one of the greatest catastrophes of mankind at the beginning of the 20th century, that of the First and Second World War and the atrocities associated with it.
This subsequently led to a dissolution of traditional aesthetic categories and a radical reversal of the artistic approach. State-sponsored opportunism had led directly to a social disaster: From now on it was a matter of putting a finger in the wound of immanent social problems or breaking up entrenched structures through extreme individualism that carried the genius in its luggage. Of course, hyper-aesthetization has remained an artistic principle until today. But it often led to a commercial dimension that one could call creation or design. Conceptual art, as in the case of my works, moves precisely at this interface of both worlds of art. Subtle and yet highly intentional, it tries to make problems communicable by means of hyper-aesthetisation without putting a profane intention in the foreground, but rather a discourse at eye level with the viewer.
In my project "Symbiosis", for example, real weapons demilitarized under the supervision of the United Nations are used, but not in the sense of an aestheticization of these killing tools, but rather in order to dissolve their inherent technical perfection and purposefulness, and thus an affront to the fetishist who is attracted by the perfectionist destructive power of a weapon. It is rather about an aesthetics of the disappearance of the destructive potential.
In the wake of this thesis, anyone who hangs a symbiosis object on their wall will also be calling up a discourse on small arms and the involvement of our local arms industry in the conflicts of the Third World. In the NGO project "Virtual Minefield", the images of landmines turn into a kind of flower meadow, which only at second glance reveals the horror of these perverted weapons. Only a few people know that parts for these explosive devices are produced in our country, and they walk across this surface as an aesthetic pattern. For many Africans, however, who have always been familiar with these objects, this floor appears to be an almost infernal installation, no one would set foot on it.
Genau um diese Irritationen geht es mir, nur an diesen Schnittstellen kann ein produktiver, kritisch-demokratischer Diskurs entstehen der den Betrachter ohne einen didaktischen Zeigefinger zu recken, in ein Problem involviert, es braucht dann im Falle des »Virtuellen Minenfeldes« keine plakative Abbildung verstümmelter, zerfetzten Körper oder abgerissener Gliedmassen. Nimmt man die der »Schlagenden Verbindung« in die Hand, ist die Strategie verwandt. Hier geht es um unsere, scheinbar heile, erste Welt, die sich einerseits in altruistischer Hilfe ergeht, sich aber andererseits mit brachialer Gewalt der Schmierstoffe und Grundlagen einer westlichen Ökonomie in der dritten und vierten Welt mit durchschlagenden Erfolg bemächtigt. Das dabei eine, wie von Papst Franziskus propagiert, Gier nach Luxus und Bereicherung zum Tragen kommt, tut ein übriges dazu.
Insbesondere im Rahmen von Weihnachten, dem Archetyp des Festes der Liebe, gehört dieser Diskurs auf den Gabentisch der ersten Welt. Die »Schlagende Verbindung« ist und will nicht mehr sein als ein vergoldetes Knuckleduster-lookalike ohne jede Ergonomie, der diesen Diskurs subtil und produktiv auf den Tisch bringen will - und sei es beim Plätzchenbacken. Ein ausgelasertertes, vergoldetes Objekt, das allenfalls zum hinstellen und nachdenken taugt, und dem mit voller Absicht jede aggressive Attitüde zur Satire gerät. Jedes Küchenmesser, jede Teigrolle, jede Küchenschere und jeder Fleischklopfer wäre ein effektiveres weihnachtliches Verletzungstool als jene schwedische Plätzchenbackform, die eine Schneeflocke zitiert und in jedem Küchenshop erhältlich ist. Wenn es die »Schlagende Verbindung« schafft, die Gemüter zu erregen und eine produktiven pazifistischen Diskurs anzuregen, ist aus meiner Sicht ein kleiner Schritt in die richtige Richtung getan und eine moderne künstlerische Position auf den Punkt gebracht.
Mein Vater war Waffenexperte und wir Deutsche sind weltweit die Nummer drei der Rüstungsindustrie. Wenn ich abends den Streamingdienst aktiviere, sind zwei Drittel der Filme waffenstarrende Gemetzel. Wer sich da nicht als geprägt empfindet, verdrängt die Realität. Wir reden doch permanent über die Schlüsselindustrien Deutschlands, die Automobil- und Chemieindustrie aber auch Hightech-Marken sind in aller Munde – bei mir zu Hause wurde eben auch über KraussMaffei, Walther, Dornier und Heckler & Koch heftig diskutiert. Das Ignorieren dieser Rüstungsumsatzriesen bedeutet leider nicht, dass man persönlich nichts damit zu tun hat. An diesem „Ist ja weit weg“ will ich rütteln, unsere kollektive und private Involvierung erfahrbar machen – und das bis ins Wohnzimmer hinein. Ich habe deshalb bei HLZ ein streitbares Objekt auf den Weg gebracht. Wir sind in diesem Fall bis an die Grenze gegangen und haben einen vergoldetes Modell eines nicht funktionsfähigen Schlagrings verschickt. Eine "heile Welt"- Irritation, wie ich finde, denn dieser Schlagring sah nur aus wie ein echter und hätte den willigen Schläger bei der Benutzung höchstens selbst verletzt. Jedenfalls erreichte dieses weihnachtliche Dekoelement samt Vergoldung und fest montierter schwedischer Plätzchenbackform aus dem Grossküchenregal den Adressaten zum Jahreswechsel.
"ist das Kunst oder gibt das Knast?" BILD dazu...
My father was a weapons expert and we Germans are the world's number three in the arms industry. When I activate the streaming service in the evening, two thirds of the films are weapons-guided carnage. If you don't feel that you've been influenced by it, you repress reality. We're always talking about Germany's key industries, the automotive and chemical industries, and even high-tech brands are on everyone's lips - in my home, there was a lot of discussion about KraussMaffei, Walther, Dornier and Heckler & Koch. Unfortunately, ignoring these defence sales giants does not mean that you personally have nothing to do with them. I want to shake up this "it's a long way off", make our collective and private involvement tangible - and I want to do this right into our living rooms. That's why I have launched a controversial object at HLZ. In this case we went to the limit and sent a gold-plated model of a non-functional brass knuckles. An "ideal world" irritation, in my opinion, because these brass knuckles only looked like real ones and would at most have injured the willing thug himself while using them. In any case, this Christmassy decorative element, complete with gilding and a firmly mounted Swedish cookie cutter from the canteen kitchen shelf, reached the addressee at the turn of the year.
Als Anhängsel fungierte im wahrsten Sinne des Wortes ein kleines Pamphlet mit folgendem Inhalt:
Schlagende Verbindung
Wir finden, daß es Zeit ist für eine durchschlagende Irritation an der Zuckerbäckerfront die selbstverliebt an Weihnachten alles mit dem süßlichen Guß der Glückseeligkeit glasiert.
Also fügen wir zwei Antagonisten zusammen die beide nichts anderes im Sinn haben, als für Ordnung zu sorgen. Die Ausstechform sorgt für das weihnachtliche Genuss-Corporate-Design mit der Brutalität eines formalen Standards, der Schlagring für Ordnung im Ring der muskelbepackten Bare-Nuckle-Fäustlinge.
Am Ende entsteht die schlagende Verbindung aus Zimsternidylle und Neujahrsheadbanging - natürlich stilvoll mit Goldauflage.
Hier meine Stellungsnahme für die Gerichtsverhandlung, die in der dritten Instanz als Revision vor dem Oberlandesgericht mit einem Freispruch endete:
Warum entstehen Kunstobjekte wie die schlagende Verbindung, was ist der gesellschaftliche Ansatz der hinter diesen Konzeptkunstideen steht?
Da ist zuerst einmal die treibende Kraft der Moderne, die nach einer Phase in der Kunst als intentional, religiös oder zumindest zutiefst staatstragend erfahren wurde, andere Prioritäten setzte. Die Künstler vergangener traditioneller Epochen sind ikonografisch gesehen am besten interpretierbar wenn man ihre Lebenssituation genauer betrachtet. Waren Ihre Erzeugnisse nämlich jenseits einer handwerklichen Kunstfertigkeit angesiedelt kam sofort zu einer absolutistischen Instrumentalisierung, es wurden im Sinne der Burg, des Hofes, oder der Kirche Auftragsarbeiten geliefert. Das änderte sich rapide mit dem Aufkommen vernunftgesteuerter Theorien im Rahmen der Industrialisierung die eine immer stärker die Rolle einer kritischen säkularisierten Öffentlichkeit und eine persönliche Handlungsfreiheit in den Focus stellten. Viele Kunstrichtungen versuchten deshalb ab dem 19 Jahrhundert das Verrückte, das Surreale oder ganz profan das Alltägliche in Musik, Tanz, Bild und Objekt festzuhalten. Die etablierte, nunmehr ganz offensiv staatstragende Kunst, geriet parallel immer mehr zu einer verklärend-heroischen Idealisierung der bestehenden Verhältnisse die ihrerseits unweigerlich anfang des 20 Jahunderts auf eine der größten Menschheitskatastrophen hintrieben, die des ersten und zweiten Weltkriegs und der damit verbunden Greultaten.
Das führte in der folge zu einer Auflösung traditioneller ästhetischer Kategorien und zu einem radikalen Umkehr des künstlerischen Ansatzes. Staatstragender Opportunismus hatte ja direkt in einen gesellschaftlichen Supergau geführt: Von nun an galt es den Finger in die Wunde immanenter gesellschaftlicher Probleme zu legen oder festgefahrene Strukturen durch einen extremen Individualismus, der das Genie im Gepäck trug, aufzubrechen. Es blieb freilich die Hyperästhetsierung als künstlerisches Prinzip bis heute erhalten. Diese mündete aber nicht selten in eine kommerzielle Dimension die man Gestaltung oder Design nennen könnte. Konzeptkunst wie im Falle meiner Arbeiten bewegt sich genau an dieser Schnittstelle beider Kunstwelten. Subtil und dennoch hochgradig intentional versucht sie mit dem Mittel einer Hyperästhetisierung Probleme kommunizierbar zu machen ohne eine profane Absicht in den Vordergrund zu stellen, eher einen Diskurs auf Augenhöhe mit dem Betrachter ist Ihr angelegen.
Bei meinem Projekt »Symbiosis« werden beispielsweise echte, unter Aufsicht der Vereinten Nationen demilitarisierte Waffen verwendet, aber eben nicht im Sinne einer Ästhetisierung dieser Tötungswerkzeuge, sondern um die Auflösung der ihnen innewohnenden technischer Perfektion und Zielgerichtetheit und damit um einen Affront für den Fetischisten den die perfektionistische Zerstörungskraft einer Waffe reizt. Es geht denn eher um ein Ästhetik des Verschwindes des Zerstörungspotentials.
Im Schlepptau dieser These holt sich zudem jeder der sich ein Symbiosisobjekt an die Wand hängt einen Diskurs um Kleinwaffen und die Involviertheit unserer einheimischen Rüstungsindustrie in die Konflikte der dritten Welt an die Wand. Beim NGO Projekt »Virtuelles Minenfeld« geraten die Abbildungen von Landminen zu einer art Blumenwiese die beim Beschreiten erst auf den zweiten Blick den Schrecken dieser perversen Waffen erkennen lässt. Das in unserem unserm Land Teile für diese Sprengkörper produziert werden wissen nur wenige und laufen über diese Fläche als ästhetisches Pattern, Afrikaner hingegen, von jeher mit diesen Objekten vertraut, erscheint dieser Boden als geradezu infernalische Installation, keiner würde einen Fuss darauf setzten.
Genau um diese Irritationen geht es mir, nur an diesen Schnittstellen kann ein produktiver, kritisch-demokratischer Diskurs entstehen der den Betracher ohne einen didaktischen Zeigefinger zu recken in ein Problem involviert, es braucht dann im Falle des »Virtuellen Minenfeldes« keine plakative Abbildung verstümmelter, zerfetzten Körper oder abgerissener Gliedmassen. Nimmt man die der »Schlagenden Verbindung« in die Hand ist die Strategie verwandt. Hier geht es um unsere, scheinbar heile, erste Welt, die sich einerseits in altruistischer Hilfe ergeht, sich aber andererseits mit brachialer Gewalt der Schmierstoffe und Grundlagen einer westlichen Ökonomie in der dritten und vierten Welt mit durchschlagenden Erfolg bemächtigt. Das dabei eine, wie von Papst Franziskus propagiert, Gier nach Luxus und Bereicherung zum Tragen kommt tut ein übriges dazu.
Insbesondere im Rahmen von Weihnachten, dem Archityp des Festes der Liebe, gehört dieser Diskurs auf den Gabentisch der ersten Welt. Die »Schlagende Verbindung« ist und will nicht mehr sein als ein vergoldetes Knuckleduster-lookalike ohne jede Ergonomie, der diesen Diskurs subtil und produktiv auf den Tisch bringen will - und sei es bei Plätzchenbacken. Ein ausgelasertertes vergoldetes Objekt, das allenfalls zum hinstellen und nachdenken taugt, und dem mit voller Absicht jede aggressive Attitüde zum Satire gerät. Jedes Küchenmesser, jede Teigrolle, jede Küchenschere und jeder Fleischklopfer wäre ein effektiveres weihnachtliches Verletzungstool als jene schwedische Plätzchenbackform die eine Schneeflocke zitiert und in jedem Küchenshop erhältlich ist. Wenn es die Schlagende Verbindung schafft die Gemüter zu erregen und eine produktiven pazifistischen Diskurs anzuregen ist aus meiner ein kleiner Schritt in die richtige Richtung getan und eine moderne künstlerische Position auf den Punkt gebracht.